Es fing alles grandios an, damals 2020. Mit dem Wahlsieg der aktuellen Ratskoalition. On top Katja Dörner als grüne Bürgermeisterin, die sich schon in ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete für die Belange des Bonner Radverkehrs interessiert hat. (Nein, das haben wir nicht vergessen, Katja!) Mit einem fulminanten Ergebnis des Bürger:innenbegehrens „Radentscheid Bonn“. Bei Bevölkerung und im Rat überwältigende Zustimmung. Sogar die Déus-CDU hat den Radentscheid mit beschlossen – unglaublich!
Wir waren im siebten Himmel!
Natürlich war klar, dass nicht am Montag nach der Wahl die Asphaltiermaschinen anrücken. Große Dinge brauchen große Planungen. Und damit wir uns nicht missverstehen: Wir glauben nach wie vor daran, dass die Verkehrswende der politischen Führung eine Herzensangelegenheit ist und dass es auf fast allen Ebenen der Stadtverwaltung auch engagierte Kämpfer:innen für dieses Projekt gibt!
Wir wissen auch um die Schwierigkeiten, unwillige oder phlegmatische Beteiligte mitzuziehen und zu motivieren. Wir wissen, wie lange Planungsverfahren im Allgemeinen dauern. Und natürlich bekommen wir alle jeden Tag mit, wie hart es ist, gegen die rückwärtsgewandten Nervensägen bei IHK, CDU, FDP und nicht zuletzt unser aller Lieblingszeitung anzukämpfen.
So, und jetzt kommt das „Aber“!
Jetzt, nach der halben Legislaturperiode und zwei Jahre nach Annahme des Radentscheides muss so langsam mal klar werden, wo die Fahrradreise hingehen soll! Wird das der große Wurf oder doch nur der kleine Bikepacking-Overnighter mit Wildcampen?
Es kann einfach nicht sein, dass sich das Projekt Verkehrswende auch nach zweieinhalb Jahren noch ohne Masterplan präsentiert. Bzw. nicht präsentiert. Dagegen sind die Panzerlieferungen von Scholz eine Kurzschlussreaktion.
Woran liegt es denn, Bonn? Wo ist Eure Vision?
Was ist Eure konkrete Idee von der Verkehrswende? Haben wir uns am Ende missverstanden? Geht es nur darum, die größten Katastrophen in Stückchenarbeit zu beseitigen? So etwas „Fahrradhauptstadt 2020“ und ein bißchen „Raddialog“? Hier 50cm mehr Rheinauenradweg und da die schlimmsten „Mordstreifen“ im Mischverkehr sowie die Trampelpfade mit Benutzungspflicht beseitigen? Oder soll doch die große Einladung an alle Menschen in Bonn ausgesprochen werden, gerne das Fahrrad zu benutzen? Wollt Ihr ein „Utrecht“, oder doch nur ein „Münster“? Für ersteres fahren wir. Jeden Monat am letzten Freitag.
Wollt ihr
„Eine lebenswerte, kinderfreundliche und klimagerechte Stadt, in der sich alle sicher bewegen können.“(Initiative Radentscheid Bonn)
Fragezeichen!
Solange wir Eure Vision nicht erkennen können, werden wir uns immer wieder an halbherzigen Umsetzungen stören und uns streiten. Bornheimer Straße! Kölnstraße! „Uni trifft City“! Geht das jetzt so weiter? Müssen wir einen Kampf führen, der zwischen Bäumen und Grünflächen auf der einen und Radwegen auf der anderen Seite entschieden wird? Um jeden Abstellbügel diskutieren? Und wollen wir uns dabei von GA und Citymarketing e.V. den Diskurs diktieren lassen? Oder wollen wir (ja, „wir“!) die ganze Bäckerei?
Eine deutliche Mehrheit der Bonner:innen steht hinter Euch!
Die Hardcore-Autofraktion führt verzweifelte Rückzugsgefechte. Wir sind blöd, wenn wir das Momentum nicht nutzen! Die Voraussetzungen sind so günstig wie nie – aber die Zeit drängt: Sowohl was die politischen Rahmenbedingen in Bonn, als auch die klimatische Entwicklung weltweit angeht, wird der „Sweet Spot“ nicht ewig währen.
Wenn wir diesen Plan – Eure Vision – sehen, liebe Stadt Bonn, dann sind wir auch geduldig, atmen einmal tief durch, wärend wir das Ordnungsamt anrufen, weil mal wieder der Radweg zugeparkt ist, und kämpfen Euch jederzeit mit größtem Vergnügen den Weg frei. Aber momentan platzt uns einfach nur der Kragen.
geschrieben von Tobi und zuerst veröffentlicht von Critical Mass Bonn
2 Kommentare
Ich finde es auch sehr ermüdend, wie wenig passiert. Der Flickenteppich macht doch alles nur noch schlimmer. Da wird der Hermann-Wandersleb-Ring auf ein paar hundert Metern zur Umweltspur und alle regen sich zu recht auf, dass Sie jetzt im Stau stehen und sie kein einziges Fahrrad sehen. Natürlich fährt da keine Mutter mit Ihren Kinder auf dem Rad in die Kita, kurz danach wird man ja wieder in die Gosse gedrängt. Das gleiche auf der Oxford Straße. So lange man über den Bertha muss, bringt der schönste Radweg davor nix, der wird halt einfach nicht genutzt.
So wird die Akzeptanz in der Bevölkerung schwinden. Sehr traurig.
Es ist in Aachen exakt das Gleiche. Man muss nur Namen austauschen.