Umsetzung

Fahrradstraßen in Bonn

Die Stadt Bonn plant 44 weitere Fahrradstraßen von 21 km Länge in Bonn einzurichten. Hierbei soll der im Radentscheid beschlossene Standard einer Regelbreite von 4,5m und einer Wiederherstellung einer Gehwegbreite von 1,5m berücksichtigt werden. Wir befürworten die geplanten Fahrradstraßen als wichtigen kleinen Baustein der Mobilitiätswende in Bonn.

Die Stadt Bonn plant 44 weitere Fahrradstraßen von 21 km Länge in Bonn einzurichten. Die Fahrradstraßen sollen 4,5m breit sein, außerdem sollen auch die Gehwege durchgängig mindestens 1,5m breit und frei von parkenden Autos oder anderen Hindernissen sein.

In einer bebauten Stadt ist aus Platzgründen an vielen Stellen kein Bau einer zusätzlichen separaten Infrastruktur für den Rad- und Fußverkehr StVO-konform möglich, sodass nur durch die Umwidmung von bestehenden Straßen ein zusammenhängendes Rad- und Fußwegenetz erstellt werden kann. Eine Möglichkeit hierfür sind Fahrradstraßen. Ein zusammenhängendes Rad- und Fußwegenetz ist das erste Ziel des Radentscheids, da eine zusammenhängende hochwertige Rad- und Fußinfrastruktur der wichtigste Pullfaktor für eine Verhaltensänderung hin zu einer nachhaltigen Verbesserung des Modal Split.

Bestehende Fahrradstraßen in Bonn: eng, zugeparkt, gefährlich

In Bonn gibt es bereits einige Fahrradstraßen, zum Beispiel die Martin-Luther-Straße, die Dyroff-Straße oder die Oskar-Walzel-Straße. In diesen Straßen ist die Situation sowohl für Radfahrende als auch für Fußgängerinnen und Fußgänger absolut unbefriedigend. In vielen Abschnitten der bestehenden Fahrradstraßen ist es erlaubt, beidseitig zu parken. Das führt dazu, dass die Fahrbahn nicht breit genug ist, um Begegnungsverkehr zwischen motorisierten Fahrzeugen und Radfahrenden mit ausreichendem Abstand zu ermöglichen, siehe Foto aus der Fahrradstraße Siegfried-Leopold-Straße in Bonn-Beuel. Zum Teil bleiben nur wenige Zentimeter Platz, was gefährliche Situationen besonders für Kinder und ungeübte Radfahrende bedeutet. Selbst, wenn dadurch keine oder nur wenige Unfälle verursacht werden, sinkt das subjektive Sicherheitsgefühl. Durch das beidseitige Parken bewegen sich Radfahrende außerdem stets im so genannten Dooring-Bereich und sind dem Risiko von Dooringunfällen durch plötzlich geöffnete Autotüren ausgesetzt.

Siegfried-Leopold-Straße
Werdstraße

In der Praxis sind Gehwege oft zugeparkt, so dass die erforderliche Mindestbreite der Gehwege von 1,50 Metern nicht durchgehend erreicht wird. Selbst angeordnetes Parken in einigen Bonner Fahrradstraßen beachtet die Mindestbreite von 1,5m nicht, siehe Foto aus der Clemensstraße.

Clemensstraße

Parken in Fahrradstraßen

In einer Fahrradstraße ist Kfz-Verkehr verboten. In allen bestehenden Bonner Fahrradstraßen und vermutlich auch in allen geplanten Fahrradstraßen ist durch eine Zusatzbeschilderung die Einfahrt für Kfz allerdings zumindest für Anlieger erlaubt. Die beschlossene Regelbreite von 4,5m ergibt sich maßgeblich aus dem immensen Platzbedarf von Kraftfahrzeugen. In der „Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen“ (RASt) ist geregelt, dass, damit überhaupt Autos ohne Gefährdung von Radfahrenden in einer Fahrradstraße fahren dürfen, diese mindestens 4m sein muss. Damit Parken von Kfz in einer Fahrradstraße sicher möglich ist, ist ein zusätzlicher Sicherheitsabstand zur Verhinderung von Dooring-Unfällen notwendig. Daher entstand die Forderung nach mind. 4,5m Regelbreite. Die Regelbreite von Gehwegen von minimal 1,5m stellen ebenfalls die absoluten Mindestanforderungen an eine regelhafte Nutzung des Gehweges durch alle Personengruppen (Mobilitätseingeschränkte, Kinderwagen, Kinder auf Laufrädern… ) dar. Der mit dem Radentscheid beschlossene Standard ist also kein Fantasie-Produkt, sondern nur der Beschluss geltendes Planungsrecht anzuwenden.

Der Großteil der Parkplätze bleibt erhalten

In den geplanten Fahrradstraßen befinden sich nach Angaben der Stadt aktuell 2.104 Kfz-Parkstände im öffentlichen Raum. Um die beschlossenen Mindestanforderungen an eine Fahrradstraße und an die Gehwegbreite zu erfüllen müssen nur etwa 30% der Parkstände entfernt werden. Der überwiegende Teil der Kfz-Parkstände – rund 70% – bleiben bestehen. Zusätzlich werden Fahrradabstellanlagen in den Fahrradstraßen geplant, so dass die allgemeine Anzahl an abstellbaren privaten Fahrzeugen in den Straßen vermutlich gleich bleibt oder sogar steigt.

Eine mögliche Alternative zum eigenen Auto wird somit bereits infrastrukturell mit eingeplant. Für Anwohnende in Fahrradstraßen wird lediglich die Möglichkeit eingeschränkt, ein Auto direkt vor der eigenen Haustür zu parken. Gleichzeitig bietet der Erhalt eines Großteils der Parkstände ausreichend Parkmöglichkeiten auch für mobilitätseingeschränkte Anwohnende sowie Handwerker, Pflegedienste oder Lieferdienste.

Die Fahrradstraßen sind somit bereits der Kompromiss zwischen Radverkehrsförderung und dem Bedürfnis von Anwohnenden nach einem nahen KFZ-Parkplatz. Viele Befürworter der Radverkehrsförderung wünschen sich viel weitergehende Einschränkungen des motorisierten Individualverkehrs. Eine Fahrradstraße ist quasi eine der mildesten und auch kostengünstigsten Maßnahmen um den Radverkehr in einer bereits bebauten Stadt zu fördern. 

Das Fahrradstraßenkonzept von Bonn ist uralt. Es wurde bereits 2012 unter anderen politischen Mehrheiten beschlossen. Dass die nun endlich geplante Umsetzung dieses Konzeptes nicht eine vollkommene Selbstverständlichkeit ist, sondern von General-Anzeiger und mehreren politischen Fraktionen als Verkehrspolitik mit der Brechstange bezeichnet wird, ist uns vollkommen unverständlich.

Unsere Forderung: durchgängiges Netz für den Radverkehr

Viele Menschen in Bonn wünschen sich eine bessere Infrastruktur für den Radverkehr, die auch Kindern, älteren Menschen und Ungeübten ein sicheres und komfortables Radfahren ermöglicht. Dies hat die große Zustimmung in der Bevölkerung mit rund 28.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren gezeigt. Die geplanten Fahrradstraßen mit den Mindestgehwegbreiten können allerdings nur ein kleiner Teil bei der Erstellung eines wirklich hochwertigen Radverkehrsnetzes sein. Wir fordern gemäß dem Ziel Nr. 1 des Radentscheids, die Fahrradstraßen in ein zusammenhängendes Netz von durchgängigen Radverkehrsverbindungen einzufügen. So sollen Vorrangrouten für den Radverkehr entstehen, die für Menschen jeden Alters und Könnens sicher und bequem zu befahren sind. Wir fordern außerdem, den motorisierten Durchgangsverkehr mittels Einbahnstraßenregelungen und modalen Filtern auf solchen Vorrangrouten einzuschränken.

geschrieben von Dominik und Sonja

4 Kommentare

  • Werner Dangelmaier sagt:

    „Warum Bonn bessere Fahrradstraßen braucht“ kann ich so nicht nachvollziehen.
    Meiner Meinung nach braucht es in erster Linie sichere Fahrradfahrer!
    Dazu gehört auch das Fahren mit Rad auf engen Straßen – natürlich müssen auch Autofahrer den notwendigen Abstand von mind. 90cm einhalten und wenn das nicht gegeben ist, dann kann man halt nicht am Radfahrer vorbei fahren. Und wenn die Straße eng wird, fahre ich auch als Radfahrer etwas mehr zur Straßenmitte, so daß kein Auto mich überholen kann.
    Ich bin nun fast achtzig Jahre alt und fahre seit meinem fünften Lebensjahr mit dem Rad, sicher auch mit selbst verursachten heftigen Stürzen in der Jugendzeit – seit dem 18.Lebensjahr dann auch PKW und später beim Bund auch LKW – unfallfrei und so soll es auch bleiben.
    Allen Verkehrsteilnehmern gute Fahrt!!!

  • M. Unruh sagt:

    Hallo Tine,

    woher hast du die Information, dass im Fall von Kindern auf dem Kindersitz oder im Lastenrad ein Abstand von 2 Metern einzuhalten ist?

    Gemäß der StVO, § 5, sind i.G.O mindestens 1, 5 Meter und a.G.O 2, 0 Meter einzuhalten.

    2 Meter wären zwar immer wünschenswert, sind meines Erachtens aber nicht vorgeschrieben.

    Grüße

    Manni

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