In Bonn wohnen gut 330.000 Menschen. Wie sieht eine faire Aufteilung und Nutzung des öffentlichen Raums für sie aus? Für welches Verkehrsmittel und welche Nutzungsart soll ein kleiner oder großer Teil des Raums reserviert werden?
Vielleicht für die Fußgänger*innen? Schließlich bedeuten 330.000 Einwohnende, dass es auch 330.000 davon gibt – den meisten Platz für die größte Gruppe? Das hieße Vorfahrt für freie Gehwege, längere Grünphasen für den Fußverkehr und sichere, barrierefreie Überquerungsmöglichkeiten.
Oder für die Gruppe, die dem höchsten Risiko im Straßenverkehr ausgesetzt ist? Dann wäre es nur folgerichtig, zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen mehr Spiel- und Sportplätze, Fahrrad- und Spielstraßen einzurichten, flächendeckend Tempo 30 einzuführen und Sichtachsen an Kreuzungen zu verbessern – vor allem durch weniger parkende Autos.
Oder vielleicht für die Gruppe mit den größten Fahrzeugen, die ja auch am meisten Platz benötigen? Das wären vermutlich diejenigen, die am liebsten mit Bus und Bahn unterwegs sind. Vorrang für Busse, mehr Umweltspuren, Priorität an Ampeln und kein motorisierter Verkehr auf Strecken mit Straßenbahnschienen wären die Folge einer solchen Option.
Oder für diejenigen, die am meisten Lärm, Schadstoffe und Treibhausgase produzieren? Klingt das nicht seltsam?
Eine einfache Antwort darauf, wie der Raum in Bonn verteilt und genutzt werden sollte, haben auch wir nicht. Aber wir sind froh darüber, dass wir im Jahr 2024 mehr über die Auswirkungen von stadtplanerischen Entscheidungen wissen als in den 1960er und 70er Jahren, als die autogerechte Stadt als Ideal galt. Heute wissen wir, dass vierspurige Hauptstraßen zu einer Zunahme des motorisierten Verkehrs führen, aber ein Straßendesign, das Fuß- und Radverkehr mehr Raum verschafft, die Anzahl der Fußgänger*innen und Radfahrenden steigen lässt.
Als Stadtgesellschaft sollten wir uns Fragen dazu stellen, ob die bisherige Aufteilung und Nutzung des öffentlichen Raums zukunftsgerecht ist und unseren Vorstellung von Fairness entspricht. Dazu gehören Fragen wie:
Wie viel Platz wollen wir im Bonner Zentrum für Autos reservieren?
Wie viele getötete und schwer verletzte Radfahrende und Fußgänger*innen darf es in Bonn pro Jahr geben?
Dürfen Radfahrende durch die Friedrichstraße fahren, wenn andere dort in Ruhe schlendern wollen?
Gelten unsere Regeln für alle? Rechtfertigt ein gefühlter Parkdruck die Verletzung von Regeln, wo geparkt werden darf und wo nicht?
In welchen Straßen fühlen wir uns wohl?
Lasst uns gemeinsam die Antworten auf diese Fragen finden.
Quellen: Die Fußgänger haben wir aus den Zahlen der Stadt (Bonn in Zahlen) abgeleitet. Am 1. Januar 2023 waren 338.396 Bonner und Bonnerinnen gemeldet. Einige können noch nicht, die andern leider nicht mehr laufen. Daher haben wir das gerundet. Laut Statista gabt es 2023 84.000.000 Fahrräder in Deutschland. Das statistische Bundesamt meldet 84.607.000 Einwohner (Stand 1.9.23). Das ist fast ein Fahrrad je Einwohner. In Städten ist die Quote in der Regel sogar höher. Die Zahl der Autos haben wir der Meldung des Kraftfahrtbundesamtes aus dem Jahr 2023 entnommen.
Ein Kommentar
Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern am 1. Januar 2024 nach Zulassungsbezirken in Bonn (KBA: FZ 1.1)
Pkw Kfz Kfz-Dichte
insgesamt insgesamt je 1.000 Einwohner
175.674 279.210 830