Das gilt für Parkplätze im öffentlichen Raum – die Gebühren für Parkhäuser und Tiefgaragen waren bis Ende November 2022 konstant. (Seit Dezember sind aber auch dort die Tarife gestiegen, pro Stunde zahlen Autofahrende 0,50 Euro mehr. Als Grund gab die Betreibergesellschaft gestiegene Energiekosten an. Auch die neuen Tarife sind noch günstiger als das Parken im öffentlichen Raum.)
Öffentlicher Straßenraum ist begrenzt. Er kann in der Regel nur für eine Nutzungsart verwendet werden: entweder kann dort ein Fahrzeug fahren, ein Mensch zu Fuß gehen oder Rad fahren, ein Cafétisch aufgestellt werden, ein Baum Schatten spenden – oder eben ein Auto parken. Parken und Cafétisch gleichzeitig funktioniert nicht. Wer auf Parkplätzen im öffentlichen Raum parken will, muss jetzt also mehr bezahlen. Diese Regelung hat der Rat der Stadt Bonn bereits im Februar beschlossen. Das Ziel ist es, dadurch klimafreundliche Mobilität zu stärken. Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung sollen in den Ausbau des ÖPNV und günstigere Ticketpreise fließen. Außerdem wird durch höhere Parkgebühren der Preisunterschied zu klimafreundlichen Verkehrsmitteln wie Radverkehr und ÖPNV größer und erhöht damit deren Attraktivität.
Aber wie sieht es aus mit denjenigen, die nicht auf das Auto verzichten wollen oder können? Finden sie in Bonn Parkplätze, oder werden sie (überspitzt formuliert) vom gesellschaftlichen Leben in Bonn ausgeschlossen, da die Mobilität unerschwinglich wird? Ist es überhaupt noch möglich, in der Innenstadt einen Parkplatz zu finden? In Leserbriefen im General-Anzeiger kündigten Leser*innen an, künftig nicht mehr nach Bonn zu fahren und stattdessen für Einkaufen und Besorgungen auf Nachbarstädte auszuweichen. Solche und ähnliche Kommentare lassen sich auch in sozialen Netzwerken genügend finden. Die Diskussion ums Parken wird teilweise mit großer Emotionalität geführt.
Dieser Blog soll einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion leisten, indem er einen genaueren Blick auf die reale Parksituation in Bonn im letzten halben Jahr wirft. Aktive aus dem Radentscheid Bonn tracken die Belegung der Bonner Tiefgaragen und Parkhäuser, die sich auf der Seite https://bcp-bonn.de/ ablesen lassen. Diese Daten haben wir uns angeschaut, um verlässliche Aussagen darüber treffen zu können, wie gut Autofahrende in Bonn einen Parkplatz finden können.
Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem, ob sich überhaupt ein Platz finden lässt. Wären die Parkhäuser und Garagen in der Regel so stark ausgelastet, dass kaum freie Plätze vorhanden sind, helfen einer Parkplatzsuchenden auch die niedrigeren Tarife nicht, und sie muss doch auf die Parkplätze im öffentlichen Raum ausweichen. Die Friedensplatzgarage ist mit 810 Plätzen das größte Parkhaus in Bonn in zentraler Lage der Bonner Innenstadt (siehe https://bcp-bonn.de/friedensplatzgarage/). Wir haben es exemplarisch herausgegriffen und die Belegungsdaten grafisch aufbereitet.
Der größte Unterschied besteht zwischen der Belegung wochentags und am Wochenende. Montags bis freitags sind viele freie Plätze vorhanden, Autofahrende können an diesen Tagen problemlos in der Friedensplatzgarage parken. Eine Ausnahme stellen zum Beispiel die Freitage in den Osterferien und am Brückentag nach Christi Himmelfahrt dar. Trotzdem waren auch an diesen Tagen durchgängig mindestens 100 Plätze frei. Alle Besucher*innen Bonns, die mit dem Auto anreisten, konnten auch an diesen besucherstarken Tagen einen Parkplatz finden.
An Samstagen gibt es durchgängig eine geringere Anzahl freier Plätze als unter der Woche. In einzelnen Wochen gibt es am Samstag zu Spitzenzeiten keine freien Plätze mehr. Dies war der Fall an insgesamt 3 (DREI!) Tagen in der ersten Jahreshälfte 2022, das entspricht 1% der Tage. An 97% der Tage waren mehr als 50 freie Parkplätze in der Friedensplatzgarage verfügbar. Der Sonntag ist der Tag mit den meisten freien Parkplätzen.
Zu welchen Tageszeiten die wenigsten freien Parkplätze verfügbar sind, hängt vom Wochentag ab. Die nächste Abbildung zeigt die freien Plätze in der Friedensplatzgarage an den Wochentagen in der Zeit zwischen 6 Uhr und 0 Uhr. Da wir einen Zeitraum betrachten, zeigen die Verläufe für die Wochentage einen dunkelblauen Bereich, der den Durchschnitt der freien Plätze anzeigt. Die heller eingefärbten Bereiche zeigen, wie stark die Anzahl um den Durchschnittswert schwanken kann. Am Beispiel Samstag bedeutet das: um 11 Uhr am Vormittag gab es durchschnittlich zwischen 100 und 200 freie Parkplätze. An einzelnen Tagen gab es allerdings nur etwa 10 oder fast 700 freie Plätze.
Von Montag bis Donnerstag sind die Belegungsverläufe sehr ähnlich. Die Anzahl der freien Plätze sinkt nach Öffnung der Friedensplatzgarage schnell ab, bis gegen 10 Uhr am Vormittag ein Minimum von etwa 300 freien Plätzen im Durchschnitt erreicht ist. Im Laufe des Tages steigt die Zahl der freien Plätze leicht, bis ab 16 Uhr ein Knick in der Verlaufskurve deutlich mehr freie Plätze anzeigt. Am Freitag halten sich gegen Abend mehr Menschen in der Innenstadt auf, was sich in der etwas höheren Auslastung der Friedensplatzgarage bemerkbar macht. Aber auch am Freitagabend ist die Anzahl der freien Plätze mit durchschnittlich über 400 hoch.
Am Samstag zeigt die Grafik einen anderen Verlauf: am Morgen bis 10 Uhr sind zunächst im Durchschnitt mehr freie Plätze als in der Woche verfügbar. Die Anzahl der freien Plätze sinkt aber stark unter den Wert von Montag bis Freitag, bis zur Mittagszeit noch durchschnittlich etwa 100-200 Plätze frei sind.
Ab etwa 16 Uhr steigt am Samstag die Zahl der freien Plätze wieder stark an, wenn auch insgesamt weniger frei sind als an Wochentagen. In den Abendstunden ab 19 Uhr zeigen Freitag und Samstag als beliebte Ausgehtage weniger freie Plätze als unter der Woche, aber mit im Schnitt mehr als 500 Plätzen reichlich Kapazitäten. An Sonntagen gibt es keine Tageszeiten, zu denen die Anzahl der freien Plätze knapp wird.
Fazit
Wer mit dem Auto nach Bonn kommt, konnte 2022 in der Friedensplatzgarage problemlos parken. An Samstagen gab es zwar insgesamt weniger freie Plätze, aber an den meisten Samstagen waren auch zu Spitzenzeiten noch Parkplätze verfügbar. Wir sammeln weiter die Belegungsdaten und werden in an dieser Stelle über die Entwicklung berichten. Es zeigt sich aber jetzt schon, dass die Parksituation objektiv betrachtet kein Grund sein kann, der gegen einen Besuch in der Bonner Innenstadt spricht.
geschrieben von Sonja
6 Kommentare
Das ist sehr gut, die Fakten klar aufzuzeigen. Ich schlage aber andere Farben vor, die such besser vom Rot (null Parkplätze) abheben, um die Verfügbarkeit deutlicher zu sehen. Interessant wären auch die Daten der anderen citynahen Parkhäuser, z.B. am Bahnhof oder an der Oper.
Entlastender wird es noch durch die Einführung des Deutschlandtickets für Bus und Bahn, vermutlich ab 01.04. für 49 € mtl.
Dann fällt das Gegenargument der durchaus hohen Preise für zwei Einzeltickets von über 6 € pro Person weg.
Das mögen die Fakten sein, aber die Wahrnehmung, die ich in Gesprächen mitbekomme, ist eine andere. Zum einen wird die Berichterstattung der Tageszeitung und das Lamentieren des Einzelhandelsverband über die nicht erreichbare City zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Das ist ein Narrativ, das sich schon zu beweisen scheint, wenn man mal zwei Rotphasen an einer Ampel steht.
Aber eine wesentliche Komponente ist auch, dass viele das Parken im Parkhaus als zu unbequem wahrnehmen. Die Autos sind schlicht zu groß und die Parkhäuser zu klein. (Das ist übrigens etwas, was scheinbar auch für die privaten Garagen in meiner Umgebung gilt und zu immer mehr parkenden Autos im Verkehrsraum führt.) Wir müssen also auch diskutieren, wie groß ein Auto sein muss und wie groß ein Parkhaus sein kann. Denn der Anspruch, mehr und immer größere Parkplätze im öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen, überfordert irgendwann jede Stadt.
Ja, die Bonner City ist erreichbar, auch mit dem Auto. Aber manchmal muss man eben ein paar Meter gehen oder auch zweimal rangieren. Wenn das schon zu unbequem ist, kann es um die Attraktivität der Innenstadt nicht so gut bestellt sein.
Vielen Dank für die Auswertung! Die Zahlen passen zu meinem Eindruck, wenn ich an diesen Belegungsmonitoren (wie oben im Bild) vorbeikomme: Unter der Woche sind in den Parkhäusern der Innenstadt immer hunderte (!) freie Parkplätze vorhanden, meist sogar gut über 1.000. Mir ist jedes Mal schleierhaft, wie der Einzelhandelsverband behaupten kann, dass die Stadt für Autofahrende nicht erreichbar sei…
1. In der Woche gehen die meisten Menschen arbeiten, statt shoppen.
2. Insbesondere diejenigen, die als Single – häufig Studenten – in der Stadt wohnen finden die schlechten Parkbedingungen gut, da sie selbst kurze Wege und den ÖPNV haben, für den sie ohnehin ein Ticket besitzen, und jucht auf Parkplätze für Arztbesuche und Einkäufe angewiesen sind.
3. Der Einzelhandel lebt aber nicht vom Studenten, um die Ecke, der ohnehin nur shoppen geht, um sich Dinge anzusehen, die er sich hinterher für 50 Cent günstiger bei Amazon etc. bestellt. Der Bonner Einzelhandel lebt im Wesentlichen auch vom Umland, das bedeutet den Dörflern aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Dort wohnen viele Familien, denen das Leben in der Stadt bei einer angemessenen Wohnungsgröße zu teuer geworden ist. Dort ist der ÖPNV aber grottig und die Fahrzeiten dauern ewig, da es keine Schnellverbindungen gibt.
4. Wir selbst sind fahrradaffin und haben in der Familie mehrere E-Bikes, due wir regelmäßig nutzen. Als Nicht-Single mit einer 4-köpfigen Familie fahre ich aber sicherlich nicht 25km (einfache Strecke) mit den Fahrrädern zum Shoppen nach Bonn, wenn ich Auswahl benötige.
5. In Koblenz und Köln gibt es ausreichend Parkplätze und ebenfalls eine gute Auswahl an Geschäften. Ich war seit 2022 nur noch 1x zum Shoppen in Bonn und kenne im Bekanntenkreis niemanden, der sein Shopping nicht woanders hin verlagert hat. Früher war ich mit der Familie mindestens 1x im Quartal dort und habe mein Geld gerne dort gelassen.
6. Wenn das Outlet-Center in der obersten Etage im Huma in Sankt-Augustin eröffnet, wird es noch stiller in der Bonner City. Im Huma zahlt man für die ersten 2 Stunden keine Parkgebühren im Parkhaus.
7. Als Wissenschaftler möchte ich zu den dargelegten Zahlen, die als Fakten bezeichnet werden, die Rohdaten, den Aufbau der Studie etc. sehen. Denn die Art der Fragen, deren Reihenfolge, der Verzicht auf bestimmte Fragen und die Aufbereitung der Ergebnisse können bekanntlich das Ergebnis verfälschen.
Weiß jemand, wie hier die rechtliche Situation ist: ein Haus hat eine Garage und – nachvollziehbar – darf die Zufahrt nicht beparkt werden. Die Garage wird aber offensichtlich als Ersatzkeller genutzt, d.h. sie ist voll und kein Auto paßt beim besten Willen dort hinein. Darf die Zufahrt dann auch nicht von Dritten beparkt werden? Viele dieser Situationen gibt es in der Südstadt bei den Häusern, die vor längerer Zeit noch Garagen haben durften. Die Garagen scheinen oft auch als zu klein für die großen Autos der Hauseigentümer. Im Zuge des Parkkonzeptes muss dies m.E. mal alles bereinigt und geklärt werden.