Die Lokalpresse berichtet darüber, dass in der erst letztes Jahr eingerichteten Fahrradstraße Pützchensweg / Forststraße in Küdinghoven nach Protesten einiger Anwohner nun anscheinend wieder mehr Parkplätze für Autos eingerichtet werden sollen. Das nehmen wir mit großer Verwunderung wahr. Müssen Verbesserungen für den Radverkehr in unserer Stadt jahrelang mit großer Energie erkämpft werden, so scheint ein kleiner Protest einiger Anwohner auszureichen, um gerade erst etablierte – und von der Politik so beschlossene – Infrastrukturverbesserungen wieder rückgängig zu machen und Flächen zurück zum Autoverkehr zu verteilen. Das kann nicht richtig sein.
Pützchensweg ist Hauptroute für den Radverkehr
Vielleicht ist es notwendig, die Bedeutung des Pützchenswegs als Fahrradstraße noch mal herauszustellen. Der Stadtrat hat im Dezember 2023 ein Radverkehrsnetz für Bonn beschlossen. Dieses Netz soll als Grundlage dienen, um in Bonn durchgehend sichere Radrouten zwischen allen Stadtteilen zu schaffen und damit – wie bereits 2019 vom Bonner Stadtrat beschlossen – den Radverkehr zu fördern und seinen Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen weiter zu steigern.
Abgestuft sind im Radroutennetz Hauptrouten – also wichtige Verbindungen – und Nebenrouten definiert, außerdem Radpendlerrouten vom Stadtrand und aus dem Umland in die Innenstadt und zu den Arbeitsplatzschwerpunkten. Die Einrichtung der Fahrradstraßen in 2024 war ein erster Schritt, einen Teil dieses Netztes wirklich Realität werden zu lassen.
Die folgende Abbildung zeigt das Radroutennetz. Der Straßenzug Pützchensweg / Forststraße ist rot markiert. In hellblau sieht man Hauptrouten für den Radverkehr, in dunkelblau Radpendlerrouten. Nebenrouten sind nicht dargestellt.
Man sieht: Der Pützchensweg ist eine Hauptroute für den Radverkehr in Bonn. Er ist die Hauptverbindung zwischen Südbrüche / Ramersdorf / Oberkassel / Küdinghoven auf der einen und Pützchen / Holzlar auf der anderen Seite sowie weiter Richtung Sankt Augustin. Insbesondere durch die Autobahnunterführung entsteht für den Straßenzug eine wichtige Funktion im Radroutennetz.
Warum sind Parkplätze an einer Hauptstraße wichtiger als gute Befahrbarkeit?
Es ist nun durchaus verwunderlich, dass die Stadtverwaltung nun anscheinend nach Markierung der Fahrradstraße die Einrichtung von weiteren Parkplätzen so hoch priorisiert, insbesondere da der überwiegende Teil der anliegenden Häuser über eigene Parkplätze oder Garagen verfügt. Warum sind auf einer Hauptstraße Parkplätze wichtiger als die Flüssigkeit des Verkehrs?
Oberste Priorität sollte bei der Gestaltung einer Fahrradhauptroute die gute Befahrbarkeit für den Radverkehr haben – genau so wie man es auch bei Hauptstraßen für den Autoverkehr macht. Auf der nahe gelegenen Siegburger Straße gibt es über mehrere hundert Meter trotz Anwohnern keinen einzigen Parkplatz im öffentlichen Straßenraum. Während so etwas für Auto-Hauptstraßen klaglos akzeptiert wird, scheint die gute Befahrbarkeit – sowohl den protestierenden Anwohnern wie auch leider der Stadtverwaltung – bei Hauptrouten für den Radverkehr nicht so wichtig zu sein, wie die Schaffung von Raum für das Abstellen privaten Eigentums. Letzteres ist nicht die primäre Funktion einer Straße, schon gar nicht einer Hauptstraße.
Gute Radinfrastruktur braucht Platz – insbesondere auf Hauptstraßen
Eine Hauptstraße dient doch primär dem fließenden Verkehr. Beim Radverkehr bedeutet das: Begegnungsverkehr zweier Fahrräder ermöglichen, ohne dass ein Radfahrer zu nah an ein parkendes Auto kommt (Dooring-Gefahr). Außerdem ist in Fahrradstraßen das Nebeneinanderradeln explizit erlaubt (warum auch nicht; im Auto sitzen auch zwei Personen nebeneinander). Auch das braucht Platz. Bei Begegnungsverkehr mit einem Auto sollte ein Radfahrer auf einer Radhauptroute nicht gezwungen sein, hinter einem parkenden Auto zu warten bis der Gegenverkehr vorbeigefahren ist (wir wissen alle, dass im Regelfall vom Radfahrer erwartet wird, dass er anhält, nicht vom Auto).
Der Pützchensweg ist eine recht schmale Straße. Dass dort auf einer Radhauptroute überhaupt noch Autoparkplätze existieren ist doch bereits ein sehr großer Kompromiss. Dass das Parken jetzt sogar noch ausgeweitet wird, ist unverständlich.
Blick auf die Fahrradstraße Forstweg: Stellen Sie sich so eine gut befahrbare Hauptstraße vor?
Stadtverwaltung handelt gegen politischen Beschluss
Besonders kritisch finden wir, dass die Stadtverwaltung hier gegen einen expliziten politischen Beschluss des Stadtrates handelt. Der Stadtrat hat sich vor Beschluss für alle geplanten Fahrradstraßen ausführliche Markierungspläne vorlegen lassen, die genau zeigen, welche Parkplätze entfallen und wo welche markiert werden. Dass die Stadtverwaltung nun nach Protesten einiger Anwohner eigenmächtig diesen politischen Beschluss abändert und durch die Markierung weiterer Parkplätze im Pützchensweg die Funktion der Fahrradstraße beeinträchtigt, halten wir für falsch.
Auch hier muss man wieder den Vergleich zu einer Hauptstraße für den Autoverkehr ziehen: Dass die Stadtverwaltung ohne politischen Beschluss den fließenden Autoverkehr auf einer Hauptstraße durch Umverteilung des vorhandenen Platzes einschränkt, ist nur schwer vorstellbar. Beim Radverkehr hingegen geht es anscheinend. Es ist an der Zeit, dass die Stadtverwaltung den Radverkehr endlich als ernsthaftes Verkehrsmittel akzeptiert und die Radinfrastruktur als genauso wichtig ansieht wie Autoinfrastruktur. Im vorliegenden Fall spiegelt sich das noch nicht wieder.
Aufruf an die Politik und die Verwaltung
Wir fordern die Stadtverwaltung auf, den politischen Beschluss des Stadtrates wie beschlossen umzusetzen. Die Politik fordern wir auf, der Verwaltung gegenüber auf der Umsetzung der eigenen Beschlüsse zu bestehen. Es kann nicht sein, dass durch Proteste einiger Anwohner das Bonner Radroutennetz in Frage gestellt wird.