Der Autoverkehr auf der Adenauerallee fließt (meistens)
Objektiv gesehen scheint die Situation gar nicht so schlimm zu sein. Wir haben eine regelmäßige Abfrage der Google Verkehrsdaten von einer Woche im April (außerhalb der Schulferien) bekommen. Google berechnet anhand der Nutzerdaten den aktuellen Verkehrsfluss und berechnet die voraussichtliche Reisezeit auf der Strecke zwischen Bertha-von-Suttnerplatz und Bundeskanzlerplatz. Ohne Verkehr sind das 3:46 min. Stadtauswärts scheint es wenig Probleme zu geben. Die Reisezeiten schwanken zwischen drei und fünf Minuten. Nur zweimal wurden in der gesamten Woche sechs Minuten erreicht.
Stadteinwärts sieht es nur in einem kurzen Zeitraum anders aus. Während in der meisten Zeit die Reisezeiten auch in diese Richtung zwischen vier und sechs Minuten liegen, kommt es an den Nachmittagen zwischen 16:00 und 18:00 Uhr zu Staus mit acht bis zehn und in kurzen Spitzen bis zwölf Minuten. Zudem hat am Mittwoch der untersuchten Woche ein Verkehrsunfall zwischen 15:00 und 19:00 Uhr zu einer verlängerten Stauphase geführt. Da die Zahlen die Reisezeit bis zum Bertha-von-Suttnerplatz messen, sind auch die Ampeln und Abbiegesituationen dort ein Teil des gemessenen Problems.
Diese Daten sind von uns nicht überprüfbar. Was Google berechnet und welche Verzerrungen durch die Datenabfrage im 10-Minuten-Rhythmus entstehen, können wir nicht quantifizieren. Auch ist es lediglich eine Woche im April, die wir ausgewertet haben. Aber die Daten geben einen Hinweis darauf, was auch die Messungen im Auftrag der Stadt ergeben werden. Und das scheint positiver auszufallen, als es Einzelstimmen in der städtischen Diskussion vermuten lassen. Das ist doch schon eine gute Nachricht.
Sichere Fahrradspuren sind ein Gewinn für Bonn
Fragt man Menschen, was sie vom Radfahren abhält, wird oft auch über das Fehlen von sicheren Radwegen gesprochen. Viele Untersuchungen zeigen, dass gute Radwege für viele eine echte Alternative zum Auto schaffen und so zu mehr Radverkehr und weniger Autoverkehr führen. Das ist in unseren Augen (neben einem guten ÖPNV) das Konzept, mit dem der Verkehr in der Stadt wieder flüssiger und nachhaltig verbessert werden kann.
Wir diskutieren oft, ob Radwege entlang der Hauptstraßen oder durch ruhige Nebenstraßen verlaufen sollen. Die Hauptstraßen sind oft die direkte Verbindung. Viele sind gewohnt, sie zu nutzen. Daher ist dort auch besonders viel Radverkehr zu erwarten. Ein sicherer Radweg an der Adenauerallee hat das Potential deutlich intensiver genutzt zu werden, als das momentan der Fall ist.
Besser als die Alternativen
Manche Sachen sind alternativlos. Nach unserem Verständnis der Vorschriften für Verkehrsinfrastruktur muss, unabhängig vom politischen Votum, bei einer Neumarkierung der Adenauerallee eine sichere Radspur geschaffen werden. Die bisherige Lösung war extrem gefährlich und würde bei einer Neuanlage allen Empfehlungen und Verordnungen zuwiderlaufen. Die Frage, die gerade diskutiert wird, heißt also: Eine geschützte Radspur oder eben zwei Autospuren, auf denen man sich dann auch mit dem Rad bewegen muss. Zwei Autospuren pro Richtung wären eine Verschlechterung für jeden, der mit dem Rad die Strecke nutzen muss, eine Fortsetzung der Bevorzugung des Autoverkehrs und damit einfach ungerecht!
Mit der Radstrecke am Rhein gibt es zwar eine Alternative, die aber gerade für Verbindungen aus der Innenstadt in die Adenauerallee zu umständlich ist. Für längere Strecken etwa ins Regierungsviertel ist sie sicher gut. Die Kaiserstraße ist leider ein Beispiel dafür, wie schlecht eine Fahrradroute angelegt sein kann. Hier führte eine halbherzige Planung in meinen Augen zu Nachteilen für alle. Die neuen geschützten Radspuren auf der Adenauerallee wären für das Radfahren ein erheblicher Gewinn und besser als die Alternativroute.
Für ein gutes Miteinander
Anstatt einen Kulturkampf Auto versus Fahrrad zu führen, plädieren wir für Mobilitätsoffenheit. Wenn wir es schaffen nach jahrzehntelanger Autobevorzugung jetzt auch anderen Mobilitätformen ähnlich zu fördern, dann geben wir den Bonnerinnen und Bonnern die Möglichkeit selbst zu wählen. Dafür braucht es Platz zum sicheren Gehen, Radfahren und für den ÖPNV. Das kann nur schrittweise geschehen und braucht viel Zeit. Ideologien helfen dabei nicht weiter, aber Privilegien dürfen in Frage gestellt werden, wenn sie derart ungerecht verteilt sind. Eskalation und Polarisierung stehen guten Lösungen im Wege. Lassen Sie uns sinnvolle Pläne diskutieren und gemeinsam angehen. Untersuchungen zeigen: Die große Mehrheit der Bürger sieht die Notwendigkeit, den Verkehr, unsere Emissionen und einige unserer Gewohnheiten zu ändern, um eine gute Zukunft zu ermöglichen. Die einzige Frage ist noch, welches der beste Weg dahin ist.
Wir freuen uns über alle, die es schaffen, am Mittwoch, den 8. Mai, zwischen 12:00 und 17:00 Uhr zu unserem Dialogstand vor der Unibibliothek in der Adenauerallee zu kommen und mit uns positive Gedanken für die Weiterentwicklung der Verkehrsvielfalt teilen. Den Stand organisieren wir gemeinsam mit dem Klimareferat des AStA der Uni Bonn.
geschrieben von Steffen
4 Kommentare
Die Strecke auf der Adenauerallee fahre ich auf dem Weg zur Arbeit. Seit der Abgrenzung des Radweges mit einem sicheren Gefühl. Vorher war ich angespannt bis hin, daß ich Angst hatte umgefahren zu werden. Manche Autofahrer fuhren an dieser Strecke so dicht an mir vorbei, daß sich mich fast streiften. Die Alternative am Rhein entlang ist zwar schöner, aber man kann von dort zwischendrin nicht hoch auf die Adenaueralle, so daß es keine Alternative ist.
Ich hoffe sehr, daß die Protected Bike Lane hier fest installiert wird.
Ich habe 30 Jahre an der Adenauerallee gearbeitet und hatte mein Büro zeitweise auch mit Blick auf die Allee. Hier konnte ich zu Stauzeiten – meist zu Feierabend oder bei Überlastung der Autobahnen rund um Bonn – mehr oder weniger große Staus beobachten. Die Autos stauten sich meist stadteinwärts weil die Stadtstraßen insgesamt zu voll waren oder ein Rückstau durch die Einspurigkeit am Koblenzer Tor gegeben war. Im Feierabendverkehr habe ich dann oft mit dem Fahrrad die Allee in Richtung Innenstadt genutzt. Dabei fuhren die Autos entweder ohne Sicherheitsabstand hautnah an mir vorüber, bedrängten mich oder hielten beim Stau rücksichtslos auf dem Radstreifen! Vor Jahren habe ich dem damaligen Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan vorgeschlagen wegen dem Engpass vor und am Koblenzer Tor, die Allee Richtung Innenstadt für den Autoverkehr ab Bundeskanzlerplatz einspurig zu machen. Seine Antwort lautete damals sinngemäß, dass er das dem Einzelhandel in Bonn nicht antun könne… Anscheinend geht es nun doch ohne große Probleme… ich hoffe die Bike lane bleibt!
Für mich sind die Radspuren auf der Adenauerallee ein großer Gewinn, denn sie sind nun Teil eines wahrnehmbaren Radwegenetztes, dass mich sicher und zügig mobil sein lässt.
Es gibt keinerlei Evidenz dafür, dass der Einzelhandel in der Innenstadt durch die Einspurigkeit gefährdet wird. Argumente wie diese entstehen durch Leute, die einen greifbaren Sündenbock für den Rückgang des lokalen Einzehandels suchen, der seit Jahren aufgrund des Onlinehandels voranschreitet und sich auch nicht durch eine 10spurige Adenauerallee aufhalten ließe (wohl eher im Gegenteil) Es liegt auch auf der Hand, dass ggf. 2-4 min mehr Reisezeit wohl kaum wen von dem ohnehin zeitaufwendigen Unterfangen mit dem Auto in die Tiefgarage zufahren um von dort aus zu Fuß in die Innenstadt zu laufen abhalten. Wenn überhaupt ist der Berufsverkehr betroffen. Allerdings hörte ich schon Stimmen von Autofahrenden, die die neue Situation durchaus begrüßen, da sich vorher durch unvorhersehbare Fahrspurwechsel und viel zu enge Spuren auch oft gefährliche Situationen für die Autos ergaben und nun viel flüßiger und entspannter ohne spontan notwendige bremsmanöver gefahren werden kann.